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Dolomiten

Die Dolomiten - die Bleichen Berge, UNESCO Weltnaturerbe

Wo befinden sich die Dolomiten?

 

Wenn man im Flugzeug von München nach Venedig sitzt und den Blick aus dem Fenster wirft, stechen sie sofort ins Auge: die Dolomiten. Sie befinden sich im Osten der italienischen Alpen und verteilen sich auf die Provinzen Belluno, Bozen, Trient, Udine und Pordenone. Charakteristisch für dieses Gebirge sind die eng nebeneinander stehenden Berggruppen.

Dolomiti dal fligher


Die Dolomiten, die von oben ein bisschen wie eine Inselwelt aussehen, heben sich durch ihre geologischen Besonderheiten hervor. Die geografische Ausbreitung dieser Berge definiert sich nicht nur durch diese geologischen Gegebenheiten, sondern spiegelt sich auch in den Bewohnern dieses Gebiets und ihrer Verbundenheit in Tradition und Geschichte wider.

 

Das Dolomitengebiet ist gekennzeichnet durch seine zerklüfteten Gipfel und Kämme, zwischen denen sich bekannte Täler ausbreiten, die von Menschen verschiedenster Muttersprachen bewohnt sind: Im nördlichen und nordwestlichen Teil der Dolomiten wird Deutsch gesprochen, im südlichen Teil spricht man Italienisch und im mittleren Bereich Ladinisch. Diese Sprache wird in den vier Tälern rund um den Sellastock (Fassa-, Grödner-, Gader- und Buchensteintal) und im Ampezzo gesprochen.

Die bekanntesten Ortschaften der Dolomiten sind bequem erreichbar. Die am nächsten gelegenen Flughäfen sind Venedig und Innsbruck, welche ungefähr zweieinhalb Stunden Autofahrt entfernt sind.

 

Dolomiten vs. Bleiche Berge

 

Die Dolomiten, die aufgrund der Farbe des Dolomitgesteins oft auch Bleiche Berge genannt werden, sind heute Teil des UNESCO-Weltnaturerbe. Für lange Zeit sind sie unerforscht geblieben und waren nur den wenigen Bewohnern der Bergtäler vertraut. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts besaß dieses Gebiet nicht einmal eine kollektive Bezeichnung. Der Name „Dolomiten“ ist also relativ neu. Vielleicht ist das der Grund, weshalb die lokale Bevölkerung die einzelnen Gipfel beim Namen nennt und nicht den Sammelbegriff „Dolomiten“ benutzt.

Sas dla Crusc Erardi
 

Igor Tavella, Gründer von Holimites, bekannter Sportler und Hotelunternehmer aus dem Gadertal, beschreibt wie die Einwohner dieses Berggebietes im Einklang mit der Natur leben:


„Als Kinder ging man in St. Leonhard zur Schule, am Fuß der majestätischen Kreuzkofel-Gruppe, mit links der Neuner- und Zehnerspitze und rechts der Lavarella- und Conturinesspitze. Auf der anderen Seite des Dorfes befindet sich der Gardenazza und, Richtung Corvara, der Sassongher. In der Schule wurden uns die Himmelsrichtungen erklärt, indem die Position der Sonne in Bezug auf die Berge beschrieben wurde, und zwar zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten. Zum Beispiel im Januar geht die Sonne hinter dem Gebirgsmassiv des Conturines auf, mit Fortschreiten des Frühlings verschiebt sich der Sonnenaufgang von der Lavarella über die Spitze des Medesc Tales und den „Ciaval“ – so nennt sich in Ladinisch die Hauptspitze der Kreuzkofel-Gruppe – bis hin zur Neunerspitze. Über dieser befindet sich die Sonne am Tag der Sommersonnenwende um 9 Uhr morgens, wenn man als Betrachtungsstandort das Dorf Wengen auswählt, über dem die Neunerspitze triumphiert. Daher auch der Name der Spitze. Nach demselben Prinzip geht die Sonne im Winter hinter dem Gardenazza unter, während sie im Sommer hinter dem Peitlerkofel versinkt.“

 

Ein Gestein und ein Gebiet

Dolomit und Dolomiten

 

Wenn man bedenkt, dass der Name „Dolomiten“ diese Berge erst seit kurzer Zeit bezeichnet, stellt sich einem spontan die Frage: Wie und wann haben die Bleichen Berge den Namen Dolomiten erhalten? Um auf diese Frage zu antworten, muss man sich mehr als zwei Jahrhunderte in der Zeit zurückversetzen, als der Marquis Déodat Guy Silvain Tancrède Gratet De Dolomieu (1750 - 1801) in den Jahren 1789/90 mehrere Reisen nach Südtirol unternahm, wobei er feststellte, dass: „bestimmtes Gestein, aufgefunden zwischen Bozen und Trient, ausgezeichnet durch eine weißliche Farbe sowie durch Hohlräume, die mit rhomboedrischen Kristallen bewachsen sind, bei Behandlung mit Säure nur schwach braust.“ De Dolomieu, ein extravaganter und abenteuerlustiger Mann mit einer Leidenschaft für Mineralien und Vulkane, wusste natürlich, dass gewöhnlicher Kalkstein, bestehend aus dem Mineral Calcit (CaCO³), mit Salzsäure stark aufbraust. Er übergab die Gesteinsproben einem Freund, dem Chemiker Nicolas Théodore De Saussure, Sohn des berühmten Genfer Wissenschaftlers und Alpinisten Horace Bénédict De Saussure, der im Jahr 1796 die Erstbesteigung des Mont Blanc organisierte.

 

N. T. De Saussure erkannte, dass dieser „pierre calcaire très peu effervescent“ nicht aus gewöhnlichem Calciumkarbonat (CaCO³) besteht und auch nicht aus Magnesiumcarbonat (MgCO³). Er fand heraus, dass es sich dabei um ein Calcium-Magnesium-Gemisch handelt, dessen chemische Formel CaMg(CO³)² lautet. Die spektakulären Bleichen Berge Südtirols bestehen also aus einem Material, dessen chemische Zusammensetzung bis zum damaligen Zeitpunkt unbekannt war. Dolomieu wollte das Gestein „Saussurite“ nennen, doch De Saussure, als er die Entdeckung bei einer wissenschaftlichen Konferenz 1796 vorstellte, benutzte den Namen „Dolomite“, zu Ehren seines Entdeckers.

The Dolomites Mountains

Dass dieses Gestein existiert, wusste man schon vorher, denn es sind verschiedene Bezeichnungen dafür überliefert worden: Bitterspat, Rautenspat, Magnesiumspat, Muricalcite oder einfach nur Magnesiumcarbonat. Der neue Name „Dolomit“ stellte sich als unmittelbarer Erfolg heraus und setzte sich gegen alle anderen durch.

 

Bis zur Hälfte des 19. Jahrhunderts dachte jedoch niemand daran, den Namen eines Gesteins, mit dem nur einige Spezialisten vertraut waren, auf ein ganzes Gebiet auszudehnen. Dies geschah als die ersten Alpinisten und englischen Touristen die verzauberte Welt der Bleichen Berge „entdeckten“: 1864 veröffentlichten in London der Maler Josiah Gilbert und der Naturforscher George C. Churchill ein Buch mit dem Titel "The Dolomite Mountains", in dem sie ihre, in den Jahren 1861/62/63 durchgeführten Ausflüge in Tirol, Kärnten, Krain und Friaul detailliert beschrieben und abschließend ein Kapitel über die „physical description of the Dolomite districts“ einfügten. Die Bezeichnung Dolomiten für das ganze Gebiet wurde aber nicht ohne Weiteres akzeptiert. Noch im Jahr 1879 kritisierte der Geologe Edmund Mojsisovics die verbreitete Angewohnheit eine ganze Zone nach einem Gestein zu benennen, indem er zu Recht bemerkte, dass es Berge, bestehend aus Dolomit, in vielen anderen Gebieten auch gibt. Bis zum Beginn des letzten Jahrhunderts gab es nur wenige Veröffentlichungen, in denen ausdrücklich der Name Dolomiten benutzt wurde, denn der Großteil der Wissenschaftler tendierte noch immer dazu dieses Gebiet mit dem vagen Namen „Südtirol und Venetien“ zu bezeichnen. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Bezeichnungen Dolomiten und Dolomitenregion in den Allgemeingebrauch aufgenommen.

Corvara 1906

Heute lernen die Kinder in der Schule, dass die märchenhaften Berge, die sie umgeben, die Dolomiten sind. Besonders Kinder finden diese Bezeichnung passend, denn der erste Teil, Dolo...: „klingt harmonisch, fast rundlich, wie die Landschaft welche die Dolomiten umgibt, während der zweite Teil, ...miti, die Fantasie anregt.“ Wenn man dann an den Namen des Entdeckers des Dolomitgesteins denkt, Déodat Guy Silvain Tancrède Gratet De Dolomieu, sind wahrscheinlich viele erleichtert, dass sie sich nur den letzten Teil des Namens merken müssen. Wirklich glücklich schätzen können sich jene, die in den Dolomiten leben dürfen, ein Paradies das heute in der ganzen Welt bekannt ist!

 

 

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